Segelreviere

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toni

Segelreviere

Beitrag von toni » Fr 27. Okt 2006, 11:58

Bin neu im Forum und habe gleich eine Frage. Möchte mir im nächsten Frühjahr mein erste eigenes Segelboot kaufen und denke eine Neptun 22 wäre eine gute Wahl. Wer von euch kann mir denn etwas über die Segelreviere erzählen die man mit einer Neptun 22 erreichen kann, wenn man es kann. Möchtemir einen Liegeplatz am Isselmeer suchen (komme aus NRW) und vielleicht mal bis zu den Englischen Kanalinsel fahren. Ist das möglich? Welche Ausführung eignet sich da besser? Kielboot oder Kielschwert :-)

Vielen Dank für eure Tips

Gruß Toni
Segelhans2004

Engl. Kanalinseln mit der Neptun?

Beitrag von Segelhans2004 » Fr 27. Okt 2006, 21:30

Moin Toni,

mit Verlaub, die Segelei an und zu den engl. Kanalinseln dürfte nicht gerade ein Neptun geeignetes, schon gar nicht Anfänger geeigntes Revier sein.
Der erhebliche Tidenhub sorgt für Stromgeschwindigkeiten, die die Neptun bei weitem nicht aussegeln kann.
Der enorme Schiffsverkehr sorgt ferner für zusätzliche Probleme.

Es gibt zwar vereinzelt Fälle, in denen Kleindickschiffsegler in Seeezwergen auch über den Atlantik gesegelt sind (Leisure 17/ Shark),
aber gerade der engl. Kanal gehört zu den seglerisch und nautisch schwierigen Gewässern.

Mit der Neptun bist du in Friesland gut aufgehoben; bei Hack kannst du binnen segeln, sonst auf dem Ijsselmeer und bei stabiler Wetterlage auch mal raus zu den holländischen Inseln.
Aber unterschätze das Ijsselmeer nicht., es kann ab Bf 5 aufwärts mächtig ruppig werden.

Der Unterschied zwischen Kielschwerter und Kielboot ist nicht sooo riesig.
Wir sind jahrelang mit Freunden gesegelt, die ein Kielboot hatten. Unser Kielschwerter war nicht langsamer, auch bei der Höhe am Wind zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede.
Was man letztendlich wählt, ist eher Geschmacksache bzw eine Frage des Angebotes, was gerade auf dem Markt ist.

Wenn weitere Fragen sind, wird hier im Forum gerne geholfen.
CU
Hans
Gerald

Kanalinseln mit der Neptun

Beitrag von Gerald » Sa 28. Okt 2006, 21:04

Moin Toni,

dem Hans gebe ich in erheblichen Teilen recht. Ganz bestimmt insoweit, als der Engl. Kanal mit seinen sehr starken Tidenströmen (mancherorts bis deutlich über 10 kn!, ist also auch für wesentlich größere Schiffe als unsere Neptuns noch deutlich über dem Geschwindigkeitspotenzial), extrem hohem Tidenhub Bretagne/Kanalinseln bei Springtide bis um 12 m!) und zusätzlich mit besonders starkem Schiffsverkehr und vielen Sondersituationen (viele VTG) nautisch eines der anspruchsvollsten Reviere in unserem näheren Umfeld ist und somit sicher für "Anfänger" nicht zu empfehlen ist. "Anfänger" meine ich dabei nicht nur in Bezug auf das Segeln überhaupt, sondern auch für eigentlich erfahrene Segler, die auf einen neuen Bootstyp umsteigen. Das Problem ist halt, das man die Eigenschaften des Schiffes erst im Detail kennen lernen muss, bevor man sich zutrauen sollte, in so komplexen Reviergegebenheiten die Situation und das, was man tun kann oder besser lassen sollte, richtig einschätzen zu können. Wenn Du auf einem noch unbekannten Schiffstyp fährst und verkalkulierst Dich mit einer Situation, tust Du dir bestenfalls einen Stress an den man sich besser ersparen könnte, schlimmstenfalls wirds für Schiff und Mannschaft gefährlich. Also, ich würde auch sagen, bei einem neuen Schiff erst mal reichlich Erfahrung sammeln ehe Du Dich an den Kanal rantraust.

Andererseits liegen dort - ich war vor drei Wochen noch in Le Tréport und Umgebung(leider mit dem Auto...) - viele Kleinkreuzer, die unseren Neptuns hinsichtlich Seefähigkeit und Segeleigenschaften in etwa vergleichbar und jedenfalls nicht besonders überlegen sind. Ich habe einige davon auch beim Segeln draußen beobachten können.

Fazit: sicher kann man dort segeln, auch mit einer unserer Neptuns, aber ebenso sicher würde ich dies nicht als erste Reise mit der Neptun machen, sondern mich erst einige Jahre lang an das Segeln in zunehmend starken Tidenströmen und an die navigatorischen Anforderungen der Segelei dort heran tasten. Wenn ich dann genug Erfahrung aufgebaut habe, das Verhalten des Schiffes in den dort vorherrschenden Verhältnissen zuverlässig genug einschätzen zu können und den Verhältnissen navigatorsich gewachsen zu sein, dann kann man auch mit der Neptun zu den Kanalinseln segeln.

Man muss sich aber natürlich im Klaren darüber sein, dass so ein Törn mit erholsamem Urlaub nicht wirklich was zu tun hat. Dein Tagesrythmus richtet sich absolut nach dem Tidenkalender, und wenn die günstige Startzeit früh um halb vier ist, dann musst Du halt um kurz nach zwei in der Nacht aufstehen und alles seeklar machen, um rechtzeitig unterwegs zu sein. Ob man sich dies im Urlaub antun will, muss jeder selbst entscheiden, aber wenn man es nicht will, dann sollte man auch lieber auf das Segeln in diesem Revier verzichten.

Wie Hans schon sagt, in das Neptun-Segeln einsteigen kannst Du sicher ganz gut an den Friese Meren. Auch sehr schöne Reviere dafür findest Du - von NRW ebenfalls gut erreichbar - in Südholland (Zeeland), wo du recht rasch in Revieren bist , die Dich mit Segeln in erheblichen Tidenströmen und starker Berufsschifffahrt konfrontieren können. Aber Du kannst halt immer wieder auch schnell "den Kopf einziehen" und zurück gehen in geschützte Gewässer ohne viel Berufsverkehr. Ein verlängertes Wochenende reicht dort, um sich bei gutem Wetter schon mal bis an die belgische Küste voranzutasten. Wäre also was zum allmählichen Einarbeiten in die Verhältnisse im Engl. Kanal.

Aber sei vorsichtig, taste Dich langsam an die komplexen Aufgaben heran und lass Dir Zeit zum Lernen!

Mast- und Schotbruch


Gerald
toni

Beitrag von toni » So 29. Okt 2006, 08:42

Keine Bange, ich segele da nicht hin! Nicht in den nächsten Jahren :-) Vielen Dank für für die doch sehr ausführlichen Antworten. So habe ich mir das gewünscht. Kompetente Segler die einem klar sagen was Sache ist. Super !!!
SY TERTIA

Segelreviere der N 22

Beitrag von SY TERTIA » Mo 30. Okt 2006, 11:45

Hallo Toni,

um es vorne weg zu nehmen, die Neptun ist für den Englischen Kanal überhaupt nicht geeignet. Es gibt dort Tidenströme die sind doppelt so hoch wie die Rumpfgeschwindigkeit der N22. Außerdem kann es zu extremen Seegang kommen, Strom gegen Wind z.B., und dafür hat die Neptun zu wenig Freibord und ist zu kurz.

Sicher bei handigen Wetter und mit der Strömung kann man viel mit Neptun unternehmen. Sie verträgt viel Wind, aber wenn der Seegang zu nimmt wird es schnell unangenehm und mach kein Spaß mehr.
Man kann auch nicht immer abfallen, vor dem Wind, oder sich eine Leeküste suchen.

Ich würde erst einmal auf kleineren Seen üben, denn auch das Ijsselmeer oder die Müritz können bei viel Wind mit ihren kurzen und steilen Wellen anspruchvoll werden. Ich haben unsere Neptun auch schon viel herum gezogen und denke, wenn du dann etwas Übung hast, ist die Neptun auf dem Ijsselmeer oder in Mecklenburg gut aufgehoben. Auch die dänische Südsee ist wie geschaffen für die Neptun 22.

Bei der Ausführung vom Boot würde ich immer, wenn es die Wassertiefe vom Revier hergibt, ein Kielboot vorziehen. Ein schlanker tiefer Kiel ist immer besser, hoch am Wind hat man weniger Abtrift und der Ballastanteil kann geringer sein da er tiefer hängt. Ein Kielboot ist zwar nicht viel schneller als ein Kielschwerter, aber setzt den einfallenden Wind schneller in Geschwindigkeit um.
Ein Kielschwerter hat den Vorteil, dass man in flache Gewässer kann und das Boot sich besser auf dem Trailer transportieren lässt.

Ich hoffe, dass ich mit meiner Meinung dir eine Anregung geben konnte.

Gruß Andreas
http://hometown.aol.de/heger6764
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