vorm Wind

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Gerhard20

vorm Wind

Beitrag von Gerhard20 » Mi 19. Sep 2007, 11:04

Hallo,
mit ist am Wochenende folgedes aufgefallen. Es waren immerhin 5 bis 6 bft (Böen). (1.Reff und Normalfock)
Kein Problem, eine Spur lufgierig und (noch) angenehm zu segeln. Beim Heimfahren, raumer Wind und kein Reff.widererwarten hat der Wind abermals aufgefrischt (von 3 auf 6).
Raumer Wind, Baum únd Fock bb. Bei einem bereits geringfügigen Kurswechsel ist mir dann die N20 bei starker Krängung 45° in die Sonne geschossen. Aufrecht Segeln war bei gefierten Segel nur (fast) vorm Wind möglich.
Wäre es besser die Segel bereits am raumen Kurs dicht zu holen und dann erst anzulufen und dabei erst wieder aufzufieren?
Denn bei bereits aufgefierten Segeln kann ich bei Kurswechsel nichts mehr rauslassen und muss die starke Krängung hinnehmen.

l.g. GErhard
eifelskipper

Beitrag von eifelskipper » Mi 19. Sep 2007, 11:45

mein einziger rat ist immer frühzeit reffen.
bei 5-6 bf würde ich immer im 2. reff fahren.-

dann würde sicher auch die krängung abnehmen
und du könntest aufrechter segeln.

das da wohl noch zuviel tuch da war siehst du
ja daran, dass trotz voll gefiertem gross noch
immer eine starke krängung vorhanden war.-

torsten
jan himp

Wind

Beitrag von jan himp » Mi 19. Sep 2007, 11:59

Hallo Gerhard,

Wenn ich in dieser Situation den Wind aus dem Sektor 4-8 Uhr habe, nehme ich das Schwert hoch. (Jollenprozedur). Gilt für die 20er.
Dadurch kann der Kahn seitlich wegdriften, und die Lage reduziert sich gewaltig.
Es wird plötzlich ganz ruhig und Du siehst Geschwindigkeiten Richtung 7 kn. Ich fahre das Groß dann offen.
Mein Boot luvt nicht unkontrollierbar. Die Pinne bleibt heil.

Da die Geräusche und Drücke so stark reduziert sind, wird die Geschwindigkeit unterschätzt, daher Halsen aus diesem Speed nur langsam durchführen, weil die Zentrifugalkraft des Mastes sonst übel mitspielt.

Der sich reduzierende Ballast durch das hochgenommene Schwert ist kaum relevant.
Wenn die Geschwindigkeit bei starkem Wind hochgehalten werden kann, habe ich das Schwert sogar bis zum Am-Wind-Kurs oben, ohne daß eine ungewöhnliche Drift auftritt.

Wenn die Starkwindsituation vorher absehbar ist, sollte natürlich gerefft werden.

Keep drifting,

Rolf
Gerhard20

Beitrag von Gerhard20 » Mi 19. Sep 2007, 12:48

Hallo,
danke für die antworten. Ich glaube der Schlüssel für diese Situation liegt am hochgeholten Schwert. Inwieweit wirkt hier noch der Kiel?
Aus raumen Kurs würde ja ansich jede Kursänderung einer Wende entsprechen, ist das auch so?
Macht es dann sinn vor dem Kurswechsel die Schoten dicht zu nehmen, damit man sie während dem K-Wechsel auffieren kann?


l.g. Gerhard
Gerhard20

Beitrag von Gerhard20 » Mi 19. Sep 2007, 12:50

Hallo,
statt Wende habe ich natürlich HALSE gemeint..
eifelskipper

Beitrag von eifelskipper » Mi 19. Sep 2007, 13:11

aha

dann versuch mal meine variante.

ich halse bei viel wind immer gern mit ner "regattahalse"
dabei wird das groß an der schot bei rund achtern, kurz
bevor es von selbst überkommt und dann ja sofort gefiert
werden muss, von hand auf die andere seite geschiftet.

ich weiss, diese variante wird eher auf jollen
praktiziert-
aber:
der vorteil bei viel wind liegt darin, dass das
segel nicht so stark auf den neuen bug kommt
und der baum rüberknallt.
du hast viel mehr kontrolle bei der halse und
kannst dich dadurch mehr auf den neuen kurs
und auf das anluven und dichtholen des segels
konzentrieren und dein material wird auch mehr
geschont.
probiers mal.

torsten
jan himp

Wie wirkt der Kiel bei aufgeholtem Schwert?

Beitrag von jan himp » Mi 19. Sep 2007, 15:31

Hallo Gerhard,

bei hohen Geschwindigkeiten wirkt der Kiel mit seiner Fläche allein, aber das Boot "stolpert" nicht mehr über das Schwert.

Wenn der Wind nachläßt, kannst Du natürlich keine Höhe mehr machen, dann geht der Kahn ernsthaft zur Seite weg. Das kannst Du jederzeit ausprobieren.

Nicht jede Bewegung artet natürlich in eine Halse aus.

Gruß

Rolf
Hartmut

Beitrag von Hartmut » Mi 19. Sep 2007, 22:32

Hallo Torsten, ist bei viel Wind die Kraft bei einer Halse für die eine Hand nicht zu groß? Da mußt Du wohl ganz schön gegenhalten. Eine Halse bei viel Wind mach ich sehr ungern!
Gerald

Luvgierigkeit raumschots bzw. nach dem Halsen

Beitrag von Gerald » Mi 19. Sep 2007, 22:48

Moin zusammen,

meine Erfahrungen mit aufgeholtem Schwert widersprechen denen von Rolf. Ich hab' das ursprünglich auch so probiert (je raumer der Kurs, um so höher das Schwert), weil ich das auch von der Jolle so kannte und weil - gerade bei einem schwer rostvenarbten Schwert wie unserem - natürlich zugunsten des Speeds jeder Zentimeter Narbengewebe, der aus dem Wasser geholt werden kann, willkommen schien.

Aber je weiter ich das Schwert hoch holte, um so mehr Ruderdruck bekam ich. Mit etwas Überlegen wurde mir dann auch klar warum: Beim Hochholen des Schwertes geht dieses vor allem achtern in den Kasten hinein, weil ja vorn der Drehpunkt liegt. Das heißt, der Löwenanteil der Lateralflächenänderung spielt sich achterlich vom Segeldruckpunkt ab, und wenn man dort Fläche reduziert, führt dies typischerweise zu Luvgierigkeit.

Für das Ausmaß der Luvgierigkeit mag es eine Rolle spielen, dass ich zu Gunsten der Kreuzeigenschaften recht viel Mastfall fahre, was den Segeldruckpunkt ja zusätzlich nach achtern verlagert (wir fahren das goldeloxierte Rigg mit festem Mastkoker, können also den Mastfuß )nicht längsschiffs verstellen!), insofern mag die Zunahme der Luvgierigkeit durch das Schwertaufholen beim Rolf tatsächlich etwas geringer ausfallen als bei uns. Aber an der grundsätzlichen Physik kann auch Rolf nichts ändern - Schwertaufholen bei unseren Neptuns muss konstruktionsbedingt zu größerer Luvgierigkeit führen.

Jetzt zum Durchluven nach dem Halsen:
Das Problem liegt darin, dass durch das Herumschwingen des Großsegels auf den neuen Bug, hinter dem bei 6 Bft. eine Menge Kraft steckt, ein Drehmoment erzeugt wird, das ein starkes Anluvmoment auf das Schiff ausübt. Dies wird noch verstärkt durch die starke Krängung, derzufolge der Druckpunkt der Segelkraft nach Lee auswandert und den Mast sozusagen "im Kreis" um den Wasserwiderstand des Rumpfes herum nach vorn drückt. Drück mal ein Modellschiff in der Badewanne in Krängung, halte es längs am Kiel fest und schiebe es an der Mastspitze nach vorn, dann siehst Du sehr plastisch, wie der Bug unvermeidbar nach "Luv" dreht - das hilft sehr beim Verständnis dieses Effekts.

Noch dazu vermindert gleichzeitig die starke Krängung die Wirkung des Ruderblatts: weil das Schiff ja am Heck deutlich schmaler ist als mittschiffs und das Heck mit seinem relativ großen Auftrieb bei Krängung weniger tief ins Wasser eintauch als der Mittschiffsbereich, liegt bei starker Krängung der Drehpunkt des Ruderblatts etwas höher über der Wasseroberfläche als sonst. Zusätzlich zeigt das Ruderblatt infolge der Krängung nun nicht mehr senkrecht nach unten, sondern läuft schräg ins Wasser hinein. Diese beiden Faktoren bewirken, dass sich die ins Wasser eintauchende Fläche - die ja allein die Wirksamkeit des Ruderblatts ausmacht - dramatisch verringert. Gerade bei unseren flach gehenden Schiffen ist dann ziemlich rasch nur noch weniger als die Hälfte der Ruderfläche im Wasser, die ohne Krängung zur Verfügung stünde. Obendrein wirkt bei starker Krängung die vom Ruder zum Abfallen ausgeübte "Seitenkraft" natürlich nur in Achsenrichtung des Ruderschaftes "seitlich", d.h. sie wirkt nun im Verhältnis zur Senkrechten in Wahrheit schräg nach oben. So drückt sie das Heck noch weiter hoch, und von der ohnehin (durch Verlust eingetauchter Fläche) bereits verminderten Kraft, die das Ruderblatt noch erzeugen kann, steht dadurch wiederum ein noch geringerer Bruchteil für die eigentlich beabsichtigte Kurskorrektur zur Verfügung.

Das Resultat liegt auf der Hand: Du kannst mit dem Ruder nicht mehr genug Kraft erzeugen, um das Hochdrehen des Schiffs zu verhindern, also schießt das Schiff in die Sonne.

Dagegen hilft nur langsames, aber gleichmäßiges Halsen, wodurch Du zugleich das anluvende Drehmoment ebenso verringerst wie die Krängung, die Deine Ruderwirkung dezimiert. Plane also genug Platz zum Halsen ein, falle langsam und gleichmäßig ab vor den Wind, schifte dann das Segel auf möglichst stabilem Vorwindkurs, und luve erst dann schließlich wieder an, nachdem Du das Schiff nach dem Schiften wieder stabilisiert hattest.

Außerdem, wie Torsten bereits schrieb, das Segel "von Hand" schiften, also nicht mit der Talje der Großschot dichtholen oder gar vom Wind plötzlich auf die andere Seite drücken lassen, sondern alle Parten der Großschot mit der Hand greifen, das Segel ohne Übersetzung dichtholen bis zur Mittschiffslinie oder knapp darüber hinaus, und die Parten der Großschot gut festhalten, um den Wechsel der Winddruck-Seite sofort wirksam abfangen zu können. Achtung, die Großschot-Talje muss dabei unbedingt in der Curryklemme belegt bleiben, damit Dir das Segel nicht mit Schwung in die Wanten knallt falls Du (z.B. bei einer plötzlich einfallenden Bö) die Schot ohne Übersetzung wider Erwarten doch nicht mehr halten kannst. Ein plötzliches Ausrauschen des Segels bis in die Wanten hinein kann nur zu leicht den Mast kosten !!! Gut trainierte Muskeln solltest Du hierfür aber haben, denn bei Bft. 6 auf das ungereffte Groß ist da schon namhafter Winddruck zu bewältigen.

Es hilft übrigens zusätzlich, wenn Du das gesamte Manöver möglichst auf einen Moment legst, in dem der Druck des scheinbaren Windes nachlässt (entweder durch kurzes Nachlassen des Windes - das siehst Du auf dem Wasser - , oder weil sich angeschoben von einer Welle - das erkennst Du am Bild der nachlaufenden Wellenkämme - Deine Bootsgeschwindigkeit erhöht und damit vor dem Wind die auf das Rigg wirkende Windgeschwindigkeit verringert hat). Also nicht nur nach vorn schauen wie das Kaninchen auf die Schlange, sondern auch die Entwicklung der Lage achteraus aufmerksam im Auge behalten, ehe Du die Halse beginnst.

Alle vorgenannten Abläufe sind alte Jollenseglertricks, mit denen selbst ranke Jollen bei erstaunlich viel Wind ohne Kenterung durch die Halse gebracht werden können. Aber - ein Fehler dabei in hartem Wetter, dann lernst Du auf der Jolle unweigerlich schwimmen - auf der Neptun geht es mit reichlich Krängung und einem Sonnenschuss da viel glimpflicher ab...

Der häufigste Fehler ist, das Manöver unentschlossen und zögerlich durchzuführen - das endet dann meist damit, dass das Schiff infolge der zögerlichen Ruderführung ("zick-zack vor dem Wind") Stabilität verliert, der Baum dann irgendwann mehr oder weniger zufällig auf die andere Seite geschlagen wird mit den oben beschriebenen Folgen. Nein - besser mit Blick auf den nachfolgenden Wind und die Wellen den Manöverzeitpunkt sorgsam planen, und wenn es dann losgeht das komplette Manöver auch mutig, entschlossen und gleichmäßig durchziehen - dann klappt das auch.

Wie immer - übe das Ganze vorher auch bei leichtem Wetter, dann hast Du die Abläufe besser intus, wenn's spannend wird.

Viel Erfolg


Gerald
martin55

Beitrag von martin55 » Mi 19. Sep 2007, 23:25

Hallo Gerhard
Auf raumen Kurs bremst dich das Schwert und sollte eingeholt werden, des weiteren kommt es darauf an was du vor hast, willst du weiter raumen Kurs fahren und der Windeinfall führt zu übermäßiger Krängung, ist es so wie bei am Wind Kurs, du musst reagieren. In deinem Fall auf bleibendem raumen Windkurs kurz anluven, Bö abwettern und wieder abfallen. Unter Umständen musst du dies einige Meilen dann so machen. Willst du eine Kursänderung mit der Halse durchführen, gibt es zwei Möglichkeiten: 1. du machst erst gar keine Halse, sondern die unspektakuläre Q- Wende, bei rauer See bestimmt die bessere Wahl. 2. du machst die Halse, wie sie im Lehrbuch beschrieben ist: vom raumen Kurs aus Segel mittschiffs holen, Seite wechseln (du sitzt bei dicht geholtem Groß auf der Luv Seite und wechselst auf die jetzt noch Lee Seite) und die Pinne leicht von dir wegdrücken (jetzt will der Baum bald die Seite wechseln), kommt der Baum rüber, Stützrudersetzen, also kurz Pinne zu dir und wieder mittig. Wegen dem Vorsegel hoffe ich, das es einen Vorschoter bei dir gibt, denn alleine bei heftigem Wind ist das nicht ohne, also lieber Q- Wende. :D

Gruß Martin :wink:
Gerhard20

Beitrag von Gerhard20 » Do 20. Sep 2007, 11:38

hallo Martin und.....
die Halse war nicht das Problem am raumen Kurs. sondern genau der von die so treffend Beschriebene vorgang, Böe abwettern und anlufen.
Hier war auch das Problem. vorm Wind mit gefierten Segeln war ohnedies keine Krängung. Nur bei dieser Windstärke fahfre ich keinen Schmetterling mehr, sondern eher raumen wind. Dabei ist die Kränkung noch bei max 1ß bis 20°. Jedoch nahm bei schon kleinen Kursabweichungen Richtung Luf die Kränkung dramatisch zu. Soweit, dass der ruderdruck ebenfalls dazu anstieg und ich zum völligen Anlufen gezwungen war, bis eben die Neptun im Wind stand und der Zauber vorbei war. Nur war das eben auch die nicht gewünschte Kursänderung.
l.g. Gerhard
martin55

Beitrag von martin55 » Do 20. Sep 2007, 12:33

moin Gerhard

Kann ich mir gut vorstellen, dass du bei jenen Windbedingungen, nicht vor dem Wind mit Schmetterling fährst. Wenn du einen raumen Wind Kurs wählst, weil dir der eigentlich erwünschte Vor dem Wind Kurs mit Groß und Vorsegel zu heftig ist, was wohl auch der Fall sein wird, würde ich erst mal in den Wind schießen, Groß runterholen und nur mit großer Fock oder kl. Genua wieder auf den erwünschten Kurs vor dem wind gehen. Du wirst jetzt lachen, aber wenn du am Heckkorb eine fest installierte Maststütze hast (Höhe ca. 1.5 m x 1.8 m) und wie viele an der Reling einen PVC Wetterschutz haben ( der das seitliche Abdriften erhöht), ein aus altem Segeltuch oder aus einfacher Baumarktplane gefertigt anbringst, hast du so eine Angriffsfläche von ca. 2.7 - 3qm, was dich schon auf diesem Kurs (vor Topp und Takel) nach vorne treibt. Aber auf vor dem Wind reicht auch das Vorsegel und aufgeholtem Schwert. :wink: Wenn dann noch zu langsam, ein zweites Vorsegel fliegend fahren am Fall der Persenning mit einem Vorschotseil, braucht die Seite ja nicht wechseln und kannst es regulieren, Bauchig oder Vorlieg straff durchsetzen. Schmetterling effektiv und einfacher, als mit Groß.

Gruß Martin :wink:
eifelskipper

Beitrag von eifelskipper » Do 20. Sep 2007, 21:11

@ hartmut

nein ,dazu brauchst du nicht so viel kraft aufwenden.
du musst nur den richtigen zeitpunkt finden.
und zwar genau kurz vor dem moment wo das
gross ohnehin auf die andere seite will und du genau vor
dem wind segelst. dann kurz davor schiften. das
schafft sogar meine frau :lol:

torsten
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